Quantcast
Channel: Lookism – Indyvegan
Viewing all articles
Browse latest Browse all 8

Schluckbeschwerden

$
0
0

Das Unternehmen True Fruits verkauft mit lockeren Sprüchen und hippem Design Smoothies in Flaschen. Im Zusammenhang mit dem Produkt „Black Edition“ kam es nun zu einer Reihe von Beschwerden. Der aufgedruckte Slogan wurde von einer Vielzahl von Kund*innen als lookistisch und sexistisch kritisiert. Für noch größeren Unmut sorgten jedoch die Reaktionen des Smoothie-Herstellers auf diese Kritik.

True-Fruits-smallErst kürzlich fiel True Fruits durch Fatshaming auf einem seiner Green Smoothies auf. Auf den Flaschen stand: „Wurstfinger weg… is eh #ohnemett“. Anstoß der neuerlichen Kritik war der Flaschentext auf dem Produkt „Black Edition -Blindverkostung“.

„Hast du schon mal einer hässlichen Freundin, die aber total lieb ist ein Date besorgt? So fühlen wir uns gerade mit dem white, unserem wohl leckersten Smoothie, der aufgrund seiner blassen und unfruchtigen Optik leider viel zu selten in den Genuss eines knisternden Rendezvous mit Dir kommt. Was blieb uns also anderes übrig, als das Licht auszuknipsen, damit Du dich einzig und alleine auf seine inneren Werte konzentrieren kann. #schluckimdunkeln1

Kund*innen kritisierten die Botschaft, man solle Menschen, die nicht gängigen normativen Schönheitsidealen entsprechen, besser im Dunkeln kennenlernen, als lookistisch. Darüber hinaus wurde die Kritik geäußert, der Flaschentext reproduziere Sexismus, indem er die Frau in einer passiven Rolle darstellt, an die primär der Anspruch gestellt werde, schön zu sein und (im Dunkeln) zu „schlucken“.

Die Werbewelt reproduziert beständig mannigfache Formen und Ausprägungen von Diskriminierung. Regelmäßig ernten Unternehmen Kritik von Kund*innen und NGOs, wenn sie diskriminierende PR betreiben oder fortschreiben. Einer der letzten prominienten Fälle betraf den italienischen Nudelhersteller „Barilla“. Kritisiert wurde ein homophobes Statement des Firmenchefs Guido Barilla, der dem Unternehmen einen großen Shitstorm und negative Presse einbrachte, sowie eine Reihe von Kund*innen kostete.

Statt sich nun bei ihren Kund*innen für diesen diskriminierenden Werbetext zu entschuldigen oder die Kritik auch nur im Ansatz erst zu nehmen, gab man sich bei True Fruits alle Mühe, die Situation weiter zu eskalieren. Kund*innen die ihre Kritik sachlich formulierten, erhielten Antworten wie:

„Wir haben die Kommentare wahrgenommen und sie als völlig hinrissigen Pseudo Moralapostel Bullshit eingestuft und nach langem Lachen entschieden, dass auch nur der Hauch einer ernsthaften Antwort die völlige Verschwendung wertvoller Lebensenergie wäre. Daher der kurze Rat an alle Jammerlappen: wenn es euch nicht gefällt, geht. […] Aber erspart uns Euer Geseier, denn wir stehen total auf diesen Humor…“2

„Wir sind gutaussehende arrogante Chauvis und verstehen deinen Punkt nicht“3

Heul‘ doch, du Brombeersohn“4

„Wir selbst sind auch nicht perfekt und jeder von uns trifft ab und zu auf Witze oder Aussagen von denen er sich direkt oder indirekt angegriffen fühlen könnte. Und weißt Du was wir dann tun oder bzw. dann nicht tun? Wir sagen es Dir: wir machen uns nicht ins Hemd und jammern rum wie ein 2-jähriges Kleinkind, was keinen zweiten Pudding zu Nachtisch bekommt. Das kannst du ja gerne tun, wenn Deine Synapsen dir keine weitere Option bieten. Aber bitte, Jammer uns nicht die Hucke voll.„(sic!)5

Einzelne Anfragen wurden mit einem Videolink zu dem Song „Is mir egal“ beantwortet. Zudem empfahl True Fruits seinen kritischen Kund*innen wiederholt, auf Konkurrenzprodukte umzusteigen, sofern man mit dem „Humor“ ihrer Flaschentexte nicht einverstanden sei.

Auch vor der Veröffentlichung von Kund*innen-Anfragen, die True Fruits via Facebook-Privatnachrichten erhalten hatte, schreckte das Unternehmen nicht zurück. Dabei wurde weder das Einverständnis der betreffenden Personen eingeholt, noch wurden die Namen der Absender*innen geschwärzt.6

Was im ersten Moment wie das Werk unerfahrener Social-Media-Praktikant*innen wirkte, entpuppte sich schnell als von der Unternehmensleitung getragenes Beschwerdemanagement. Die Pressesprecherin des Unternehmens stellte in der Antwort auf eine Kundenanfrage klar:

FeeAuf unsere Interviewanfrage an die Presseabteilung von True Fruits erhielten wir zunächst umgehend eine freundliche Zusage der Pressesprecherin. Einen Tag später, nachdem das Unternehmen den Interview-Bogen gesichtet hatte, erhielten wir eine Absage.

AbsageAnlässlich des 1. Aprils ließ es sich der Geschäftsführer des Unternehmens nicht nehmen, die vorgebrachte Kritik mit einem Videoclip nochmals zu verhöhnen.

True Fruits machte auf verschiedene Weise deutlich, dass kein Interesse besteht, sich mit kritischen Kund*innen-Anfragen und noch weniger mit Diskriminierung sachlich auseinanderzusetzen. Das nach außen als jung, hip, witzig und innovativ auftretende Unternehmen, entpuppte sich in der Auseinandersetzung mit seinen Kund*innen als konservativ, ignorant und respektlos. Nach dem Motto: War so! Ist so! Bleibt so!

Humorvolle, innovative und gleichzeitig diskriminierungssensible Werbung ist, wie viele positive Beispiele zeigen, möglich. Wenn ein Unternehmen jedoch nicht bereit ist, die eigenen Werbeaussagen selbstkritisch zu reflektieren und Kritik von Kund*innen konstruktiv aufzunehmen, versperrt es sich der eigenen Weiterentwicklung. Wir können daher guten Gewissens die Empfehlung des Unternehmens weitergeben, in Zukunft keine Produkte von True Fruits zu kaufen.

Dieses Meme wie auch unser Artikelbild stehen zur freien Verwendung (CC BY-NC-ND 4.0). Die Edition „Lookistischekacke.“ kommt von Justveganthings. Wir haben das für unser Titelbild kreativ weiterverarbeitet.

truefruits_solo01

Als Reaktion auf die Kritik an der diskriminierenden PR von True Fruits sowie dem unprofessionellen Beschwerdemanagement hat sich die Facebook-Seite Untrue Fruits gegründet.

Den nächsten Indyvegan-Beitrag nicht verpassen? Folge uns bei Facebook.

Der Beitrag Schluckbeschwerden erschien zuerst auf Indyvegan.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 8